Die Westnetz investiert in Lingen in die moderne und sichere Stromversorgung der Zukunft und baut eine neue Umspannanlage. Die neue Anlage entsteht auf dem erweiterten Grundstück der Umspannanlage „UA Holthausen“ direkt an der Raffinerie der BP. Die verbaute Technik wird dabei jedoch komplett modernisiert und zusätzlich die Kapazitäten der Anlage deutlich erweitert, um den gestiegenen Anforderungen an die Verteilnetze durch die Energiewende gerecht zu werden.
Nötig wird die Anlage in erster Linie, weil BP in unmittelbarer Nähe im Rahmen seines Projektes „Lingen Green Hydrogen“ den Betrieb eines Elektrolyseurs plant, der aus regenerativ erzeugtem Strom jährlich bis zu 11.000 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren soll. Neben der Nutzung im BP-eigenen Raffinerieprozessen soll der Wasserstoff auch regionalen Industriekunden zur Verfügung gestellt werden. Der hierfür benötigte Strom soll aus Offshore-Anlagen stammen und aus den Überschüssen an „grünem“ Strom, der hier in der Region erzeugt wird.
Gleichzeitig dient die neue Umspannanlage zur Aufnahme der erhöhten Einspeisemengen durch Photovoltaik und Windkraft aus dem Emsland, um sie in andere Regionen weitertransportieren zu können. Von der neuen Anlage profitiert damit die gesamte Region. „Der Neubau dieser Umspannanlage entlastet zudem die Verteilnetze und sichert für die Zukunft eine stabile Energieversorgung“, erklärte Rene Schwitte, Westnetz-Projektleiter aus dem Bereich Primärtechnik.
Die neue Anlage beinhaltet die modernste Technik. Die Herzstücke der Anlage bilden die Transformatoren, die die Spannung von 110.000 Volt auf 30.000 Volt sowie von 110.000 Volt auf 10.000 Volt umwandeln. Mit Umwandlung der 110.000 Volt auf 10.000 Volt erfolgt auch die Übergabe der Spannung an die Stadtwerke Lingen. Von hier aus wird der Strom schließlich über die Mittelspannungs- und Niederspannungsnetze an die Haushalte und Betriebe weitertransportiert.
Neben den erweiterten und erhöhten Leistungskapazitäten bietet die neueste Technik noch weitere Vorteile für die Versorgungssicherheit der Region: Diverse Leistungsdaten können künftig aus der Ferne ausgelesen werden, was eine schnellere Erkennung und Klärung möglicher Fehler in der Anlage ermöglicht. Die Steuerung von Leistungsflüssen und verschiedenen Frequenzschutzfunktionen für die einzelnen Schaltfelder der Anlage werden helfen, die Leistungsschwankungen zu regulieren, denen die Verteilnetze durch die unregelmäßige Einspeisung von regenerativ erzeugtem Strom ausgesetzt sind.
Gerrit Buddendick, Westnetz-Projektleiter aus dem Bereich Sekundärtechnik erklärte weitere Vorteile des Neubaus: „Die Anlage kann von unserer netzführenden Stelle in Arnsberg komplett ferngesteuert werden. Für die Steuerung vor Ort kann unser operatives Personal mithilfe einer neuen Nahbedieneinheit die Steuerung übernehmen.“
Eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten sind die für die Erweiterung nötigen Baumaßnahmen im laufenden Betrieb. Da die alte Schaltanlage bis zur Inbetriebnahme der neuen Anlage in Betrieb bleibt, sind für alle Beteiligten aus Arbeitssicherheitsgründen spezielle Bereiche vorgegeben. „Aufgrund der anstehenden Freileitung und der Nähe zur Anlage, müssen wichtige Sicherheitsvorkehrungen, wie Einweisungen und Freischaltungen, vorgenommen werden, um sicher zu arbeiten. Insbesondere bei Kranarbeiten und dem Einsatz von Baggern zum Setzen von Einzelfundamenten kam uns die jahrelange Erfahrung unserer Partnerfirma Beton- und Monierbau aus Nordhorn entgegen”, erklärte Michael Schäper, Projektleiter Bautechnik bei der Westnetz. So werden insgesamt beispielsweise rund 1.500 Kubikmeter Stahlbeton in der neuen Anlage verbaut. Dennoch werden die Bürgerinnen und Bürger von den Umbaumaßnahmen nichts mitbekommen. Während der gesamten Bauzeit bleibt die Stromversorgung zuverlässig gewährleistet.
Hintergrund:
Eine Umspannanlage ist Teil des Stromnetzes und dient der Verbindung unterschiedlicher Spannungsebenen. Denn die elektrische Energie wird auf ihrem Weg von der Erzeugung zum Endverbraucher auf mehreren Spannungsebenen transportiert, um eine möglichst verlustarme Übertragung zu erreichen. Die neue Umspannanlage in Lingen/Holthausen transformiert die elektrische Energie von 110.000 Volt auf 30.000 Volt und 10.000 Volt. Netzbetreiber sind gemäß dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) zudem verpflichtet, die von dezentralen EEG-Eigenerzeugungsanlagen produzierte Energie jederzeit in die Versorgungsnetze aufzunehmen. Dies führt an belastungsschwachen Tagen (z. B. an Wochenenden) dazu, dass sich die Energieflussrichtung umkehrt und die von großen Windparks erzeugte Energie insbesondere über die 110.000 Volt-Ebene in andere Regionen (z. B. ins Ruhrgebiet) transportiert wird.
Machten sich auf der Baustelle ein Bild vom Fortschritt der Arbeiten an der neuen Umspannanlage: Michael Schäper, Gerrit Buddendick, Martin Diekmann und Rene Schwitte von Westnetz, sowie Polier Jürgen Niers und die beiden Bauleiter Bernd Nehus und Björn Reinfeld von der ausführenden Partnerfirma Beton- und Monierbau aus Nordhorn.